Ö-weit erstes AMS-Pilotprojekt soll raschere Rückkehr ins Erwerbsleben ermöglichen

AMS NÖ finanziert Psychotherapie für Jobsuchende in Arbeitstrainingszentren

Bei etwa jeder/jedem 3. aller Jobsuchenden in Niederösterreich erschweren gesundheitliche Probleme den beruflichen Wiedereinstieg. Die Beratungspraxis im Arbeitsmarktservice (AMS) zeigt, dass körperliche und psychische Probleme zunehmen. In einem österreichweit erstmaligen Pilot-Projekt ermöglicht das Arbeitsmarktservice (AMS) Jobsuchenden, die sich in Arbeitstrainingszentren auf ihren beruflichen Wiedereinstieg vorbereiten, den Zugang zur Psychotherapie. Die Initiative präsentierten AMS NÖ-Landesgeschäftsführer Sven Hergovich und die Ao.Univ.Prof.in für Psychiatrie und Psychotherapie an der MedUni Wien Karin Gutierrez-Lobos in einem Pressegespräch im Arbeitstrainingszentrum im Schloss Schiltern.

 

Gesundheitliche Probleme stehen bei rund 12.400 niederösterreichischen Jobsuchende im Mai 2022 einer raschen Arbeitsmarktintegration im Wege. Diese Vermittlungseinschränkungen sind zunehmend multipel zu verstehen: körperliche Erkrankungen gehen mit psychischen Problemen Hand in Hand. Aber eine dringend notwendige Psychotherapie können die Betroffenen selten selbst finanzieren. Sie warten monatelang auf einen freien, von der ÖGK finanzierten Therapie-Platz.

„Hier werden wir Abhilfe schaffen und zumindest jenen ein Angebot machen, bei denen eine psychische Erkrankung bereits diagnostiziert wurde: bei Jobsuchenden, die sich in einem der fünf Arbeitstrainingszentren in Niederösterreich auf ihren beruflichen Wiedereinstieg vorbereiten und gerne Psychotherapie nutzen würden. Ihr Ziel ist, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, arbeiten zu gehen und selbst wieder Geld zu verdienen. Ein Anliegen, das wir unterstützen, indem wir bei der Finanzierung von psychotherapeutischer Begleitung einspringen, um einen rascheren Einstieg ins Erwerbsleben zu ermöglichen“, so AMS NÖ-Chef Sven Hergovich.

Ao.Univ.Prof.in Karin Gutierrez-Lobos: „Die durch Arbeitslosigkeit entstandene „freie Zeit“ ist eine ungeheure seelische Belastung, konstatierte Marie Jahoda bereits 1975. Nachfolgende wissenschaftliche Untersuchungen haben dies bestätigt: Arbeitslose weisen ein bis zu 3,5fach höheres Risiko für psychische Erkrankungen auf, das mit Dauer der Arbeitslosigkeit noch weiter ansteigt. Jobsuchende nehmen seltener oder deutlich verzögert Behandlungsangebote wahr. Ursachen dafür sind u.a. Erreichbarkeit der Hilfsangebote, lange Wartezeiten, Wissen über psychische Erkrankungen und Stigmatisierung. Jobsuchende mit psychischen Belastungen haben einen vielfältigen und hohen Unterstützungsbedarf, um arbeitsmarktbezogene Reintegration zu ermöglichen. Viele dieser Angebote können aber oft nicht entsprechend genützt werden, wenn nicht gleichzeitig auch die psychischen Belastungen behandelt werden. Nicht oder unzureichend behandelte psychische Erkrankungen können damit – neben sozialpolitischen Bedingungen – ein wesentliches Hindernis bei der Wiedererlangung eines Jobs darstellen.“

AMS NÖ finanziert 100% der Therapiekosten für Teilnehmende in Arbeitstrainingszentren

Das AMS NÖ-Pilotprojekt mit dem Ziel, eine zügigere Arbeitsmarktintegration von Jobsuchenden mit psychischen Erkrankungen zu forcieren, startete im Frühjahr und ist für ein Jahr angelegt. Einbezogen werden erwachsene AMS-Kund_innen, bei denen psychische Erkrankungen diagnostiziert und die in eines der fünf Arbeitstrainingszentren in Niederösterreich vermittelt wurden. Das AMS übernimmt zur Gänze (!) die Therapiekosten für jene, die gerne eine Psychotherapie in Anspruch nehmen möchten und

 

  • die sich keine Therapie privat leisten können,
  • schon lange auf einen kassenfinanzierten Platz warten oder auch
  • bei denen der Therapie-Wunsch von der ÖGK abgelehnt wurde.

 

Finanziert werden Sitzungen bei eingetragenen Therapeut_innen oder klinischen Psycholog_innen. Die AMS-Unterstützung bleibt so lange aufrecht, bis die ÖGK die Finanzierung der Psychotherapie übernimmt. Im ATZ Schiltern nutzen derzeit fünf Teilnehmer_innen diese Möglichkeit.

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